Die
Katastrophen an der Oder...
Die Oder hat vieles
gesehen, auch ein Stück meiner Jugendzeit, noch im Krieg und dann als
Schlesien plötzlich in Polen lag nach der Grenzziehung durch die
Siegermächte. Es sind meine Geschichten hier, die möglicherweise auch
andere Schlesier interessieren. Ich liebe das Land meiner Jugendzeit
immer noch, die Oder, Alt-Schalkendorf und die Menschen dort. Ich bin
mit der deutschen Sprache dort aufgewachsen, später im Kindergarten und
in der Schule kam die polnische Sprache dazu. Russisch von der 5ten
Klasse an und Englisch am Liceum habe ich ebenfalls noch dort lernen
dürfen, wenn auch nicht perfekt. Ich denke gerne an die sehr kalten
Winter und sehr heißen Sommer in Schalkendorf zurück, an die
Winterabende mit dem Licht aus der Öllampe, auch an die Zeit als ich
hinter der Scheune im Gras lag und den Wolken nachsah und von der
großen weiten Welt träumte ...
Als
größter Fluss Schlesiens war die Oder auch die Lebensader Schlesiens.
Unermüdlich
zogen Lastkähne mit schwarzrauchenden Schlöten an der Cyrys-Fähre am
Westufer
und Schalkendorf am Ostufer vorbei. Die Stromschnelle ist mit Buhnen,
die weit in
Flussmitte reichten, beruhigt worden. In der Nähe der Fährstelle Cyrys
badeten wir
Kinder in der Oder. Opa hatte auf der anderen Seite der Oder eine
Wiese,
die sehr viel Gras und Heu lieferte. Ich bin oft mit meinem Opa auf
einem
Kahn mit Sense, Rechen und Heugabel vom Fährmann auf die andere Seite
gebracht
worden. Es war mir dabei in Flussmitte immer etwas unheimlich, wegen
der
starken Strömung, die uns meistens weit abgetrieben hat.
In Richtung Poppelau
hat es am Birkenwald auch ein Stück der alten Oder (Stara Odra) gegeben
mit biotopartigen Vegetation und mannshohem Schilf. Hier war aus der
sagenumwobene
Gänsesee, ebenfalls in der Nähe, allerdings vor dem Damm hat es noch
einen
ungefährlichen Badesee gegeben. In der anderen Richtung nach Chrosczütz
in
der Nähe dem am Damm (Grobla) liegenden Weiler Bedaszka mit einigen
Bauernhöfen
lag der zweite sagenumwobene See, der "Neue Teich" (Nowy Dol). Wir
sind hier als Kinder immer sehr gerne zum baden gekommen. Oft sind wir
von den
Älteren gewarnt worden am St. Peter und Paul dort nicht hinzugehen, da
dort sehr
viele Leute an diesem Tag ertrinken würden. In der Tat war das auch so,
aber gerade dieser Tag war immer sehr sonnig und heiß und es zog uns
immer wieder
dorthin zum baden.
Großes
Unglück brachte die Oder den Schalkendorfern 1997 als die Dämme hinter
Chrosczütz
brachen und in der Nacht, innerhalb von Stunden, auch
Schalkendorf überschwemmt worden ist. Während auf der deutschen Seite
der
Oder Millionenbeträge den Opfern zuteil geworden sind, wird auf der
polnischen
Seite noch heute mühevoll und zum Teil provisorisch saniert.
Hochwasser
1997 bei der Mutter meines Freundes, unten Hochwasser vor der Schule...
Ich
kann mich erinnern, dass in meiner Kindheit etwa um 1954 schon einmal
das Oderhochwasser zu uns in den Hof gelaufen ist und bis zur obersten
Stufe des Erdgeschosses reichte. Opa hat
damals das Vieh auf die "Gorka"
zu Verwandten gebracht, da der Stahl unter Wasser stand. Ganz
schrecklich
war damals, dass der Hofbrunnen mit der dreckigen Brühe des Hochwassers
vollgelaufen ist. Trinkwasser musste von Verwandten beschafft werden.
Zum
Glück blieb dieses Hochwasser nicht sehr lange. Anschließend musste der
ganze Brunnen saniert werden und es hat Wochen gedauert, bis wir wieder
das Wasser aus dem Brunnen trinken konnten.
Was geschah vor 1945?
Meine eigene Biographie begann am 03. Mai 1943. Von der
Zeit davor habe ich in meiner Jugendzeit in Schlesien von meiner Mutter
(mein Vater ist im Krieg gefallen) und meinen Großeltern sehr wenig
gehört. Ich kann mich noch gut erinnern, das die Schalkendorfer sich
nicht getraut haben etwas darüber zu erzählen, weil überall
Denunzianten sich wichtig gemacht haben und Abends unter den Fenstern
die Unterhaltung der Menschen in den Häusern abgehört haben und bei der
UB (Geheime Staatspolizei) oder Polizei die eigenen Landsleute wegen
geringer Vorteile denunziert haben. Erst später, nach 1958 konnte ich
hier in Deutschland mich mit der schlesischen Geschichte ein wenig
vertraut machen. Nachfolgend einer kleiner Abschnitt vom ersten
Weltkrieg an.
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges ist im
Versailler Vertrag bestimmt worden, dass ganz Oberschlesien an Polen
abzutreten sei. Aufgrund britischen Einspruchs wurde jedoch 1920 eine
Volksabstimmung angeordnet. Französische, britische und italienische
Truppen rückten in die Abstimmungsgebiete ein, um die "Interalliierte
Regierungs- und Plebiszitkommission" zu unterstützen. Polnische Gruppen
hatten seit 1919 versucht, durch zwei Aufstände vollendete
Tatsachen zu schaffen.
Die
Abstimmung am 20. März 1921 fand in sehr gespannter
Atmosphäre statt bei einer Wahlbeteiligung von 97%. 59,6% der
Oberschlesier votierten für einen Verbleib bei Deutschland, 40,4%
für Polen. Über ein Drittel der Bevölkerung mit polnischer
Muttersprache hatte für das Deutsche Reich gestimmt. Dieser für Polen überraschende Misserfolg führte 1921 zum
dritten polnischen Aufstand, in dem Korfantys Kampftruppen den
beanspruchten Teil Oberschlesiens besetzten. Beim Sturm auf den
Annaberg kam es zu blutigen Gefechten mit deutschen Freikorps. Dieser
letzte der Aufstände erlosch vor allem durch den Eingriff der
Alliierten.
Wenn auch noch Zweifel über die künftigen Grenzziehungen
bestanden, wollte besonders Frankreich der Wirtschaft Polens mit Teilen
des Industriereviers eine sichere Basis schaffen. Am 20.
Oktober 1921 nahm eine Botschafterkonferenz in Paris, ohne
Widerspruch zu akzeptieren, einen Teilungsvorschlag des Völkerbunds an.
9713 km2 blieben bei Deutschland, 3212 km2 mit den Industriegebieten um
Kattowitz, Rybnik und Tarnowitz, aus denen nun ca. 100 000 Deutsche
auswanderten, kamen zu Polen.
Deutsche wie Polen wollten diesen Teilungskompromiss nicht
akzeptieren, und in einer Flut von politischen Schriften wurde die
"französisch-polnische Verschwörung" während der ganzen Weimarer Zeit
verurteilt, nach der das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" missachtet
worden sei. In Polen forderte man eine Wiedergutmachung für die lange
Zwangsgermanisierung. Auch die Auflage eines
Minderheitenschutzvertrages durch die Alliierten, der unter anderem
auch Juden schützen sollte, empfand die polnische Regierung als
Demütigung. So gelang in der Atmosphäre gegenseitigen Misstrauens
tragischerweise keine zufriedenstellende Regelung der
Minderheitenprobleme zwischen Deutschen und Polen.
Das polnische Gebiet gewann mit der "Kohlenmagistrale
Kattowitz-Gdingen" einen direkten Exportzugang zur Ostsee. Für das
deutsche Westoberschlesien wurde der Schifffahrtsweg auf der Oder
verbessert und ab 1936 durch den Bau einer Autobahn
Berlin-Breslau-Beuthen eine schnelle Verbindung geschaffen, die
freilich bald zu militärischen Zwecken genutzt werden sollte.
1939 diente Schlesien als eines der Aufmarschgebiete
für die Angriffsarmeen Hitlers, der mit einem fingierten "polnischen"
Überfall auf den Rundfunksender Gleiwitz ein Täuschungsmanöver
inszeniert hatte, um den Krieg gegen Polen zu entfesseln.
Was
geschah ab 1945?
Es war
laut auf der Strasse von Oppeln nach Breslau vor unserem Haus auch noch
im Jahre 1945, russische Panzer rasten durch das Dorf, die Erde bebte,
das Haus zitterte. Meine damals 23jährige Mutter zog mich vom Zaun
zurück in das Haus. Ein russischer Soldat wollte sich über meine Mutter
hermachen, Sie wehrte sich ... Da schlug er mit dem Gewehrkolben auf
ihren Kopf, sie wankte ... mir steckte er unter das Unterhemd eine
brennende Zigarette, ich schrie ... diese Szene habe ich nie vergessen
können ... ich war gerade erst zwei Jahre alt ...
Polen vor 1945
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Polen nach 1945
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Am 23
Januar 1945 besetzten die Rotarmisten meinen Heimatort Alt-Schalkendorf.
Bei den
Kampfhandlungen ist ein hoher russischer General gefallen. Man hat ihn
in einem offenen Sarg durch unser Dorf getragen um die Bewohner
Schalkendorfs damit zu konfrontieren. Ein paar Tage später trieb man
dann alle Männer des Dorfes zusammen und zählte willkürlich die Reihen
durch und brachte die Männer in verschiedene Richtungen weg. Eine
Gruppe von 8-10 Leuten trieb man in Richtung Chroscicki Mlyn(sh.
nebenstehende Karte) über die Eisenbahnlinie am Posten 27 und dort hat
man sie in einen in einen Weggraben getrieben und per Genickschuß
getötet. Der Cousin meiner Mutter der 1947 nach Schalkendorf
zurückgekommen war, war dort an dieser Stelle und er fand noch eine
Mütze eines der erschossenen Schalkendorfer.
Pater Hubert Fautsch,
aus Alt-Schalkendorf stammend und zeitweise in der Mission in Neu
Guinea tätig, ließ später dort an der Stelle der Erschießung der Männer
aus Schalkendorf ein Kreuz aufstellen mit dem Text: "Von Russen auf
bestialische Art umgebracht" und darunter eine Liste der Namen der
ermordeten Männer...
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1945 eroberten sowjetische Truppen Schlesien, der
Krieg ist am 08. Mai 1945 beendet worden. In der Konferenz
von Jalta (Februar 1945) wurde beschlossen, dass die schlesischen
Gebiete bis zur Oder und Neiße unter polnischer Verwaltung stehen
sollten. Der polnische Staat ist bis zu 100 km in Westrichtung
verschoben worden...
Filmausschnitt aus:
"Die Vertriebenen - Hitlers letzte Opfer",
ARD 23.03.01
Ein ganzes Land wird nach dem
Westen verschoben ...
zum ARD-Video Nr.1
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Im April 1958 hat meine Mutter mit mir als
"Spätaussiedlerin" Schlesien verlassen um ihrem Sohn eine bessere
ökonomische Zukunft zu ermöglichen. Ich besuchte bis zu diesem Datum
das Liceum in Groß Döbern und wollte dort das Abitur machen. Als ich
der Liceumleitung mitteilte, dass wir nach Deutschland ausreisen, wurde
ich sogleich von der Teilnahme am Unterricht ausgeschlossen.
Im Liceum Groß
Döbern 1957, links oben vor dem Schrank sitze ich...
50 Jahre nach dem Abitur der Gymnasiasten aus dem Jahre 1957
Wir fuhren mit der Eisenbahn zunächst nach Breslau, dann
über Posen nach Stettin. Dort sind die Spätaussiedlertransporte in der
Turnhalle einer Schule gesammelt worden. Wir sind dann etwa mit 600
anderen Spätaussiedlern weiter gefahren über Brandenburg nach
Westdeutschland in das Durchgangslager Friedland bei Göttingen wo wir
von den Freiheitsglocken empfangen worden sind.
Filmausschnitt aus:
"Die Vertriebenen - Hitlers letzte Opfer",
ARD 23.03.01
Ankunft im Lager Friedland ...
zum ARD-Video Nr.2
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Von 1957 bis 1959 haben etwa 250.000
Schlesier ihre Heimat verlassen.
Ankunft in Heidingsfeld im August 1958,
rechts bin ich als
16jähriger neben meiner Mutter.
Quelle: MAIN POST Würzburg, hier der Original-Artikel: Klick!
Über ein Flüchtlingsduchgangslager in Oberelsbach in der
Rhön sind wir in ein weitere Lager nach Heidingsfeld bei Würzburg
gekommen. Hier sind wir "hängen" geblieben. Meine Mutter hat sich sehr
schnell um eine Arbeit in einer Weberei gekümmert und wir sind dann in
eine Neubauwohnung in Würzburg gezogen, von wo ich dann meine eigenen
Wurzeln geschlagen habe.
Von 1952 bis 1955 sind nach polnischer Statistik 737
Personen auf Dauer in die Bundesrepublik Deutschland verzogen.
1955 verkündeten die Ostblockstaaten das offizielle
Kriegsende mit Deutschland.
Von 1956 an war es dann möglich Ausreiseanträge zu
stellen. Bis 1958 sind Ausreisende mit 504 Sonderzügen in
das Aufnahmelager Friedland gebracht worden. Nach deutscher Statistik
sind in dieser Zeit 132.494 Aussiedler aus Polen im Rahmen der
Familienzusammenführung in Deutschland aufgenommen worden.
Ab 1970 kam es erneut zu einer Ausreisewelle - bis
3000 Personen täglich. Wegen Schwierigkeiten in polnischen
Industriegebieten wurde die Ausreisewelle bis 1975 stark
reduziert.
1973 erlaubten die Polen reisewilligen Schlesiern aus
Deutschland den Besuch Schlesiens mit dem eigenen PKW und ohne
Einschränkungen, wenn man von dem Zwangsumtausch der DM absieht.
Im Jahre 1981 verhängte die polnische Regierung
wegen einer großen Streikwelle, die durch die neue Gewerkschaft
Solidarnosc ausgelöst wurde, am 13.12. das Kriegsrecht. Von 1981
bis 1989 verließ mehr als eine halbe Million Menschen Polen in dem
diese Menschen von privaten oder Dienstreisen nicht mehr zurückgekehrt
sind.
Erst am 21. Juni 1990 billigten im
Zusammenhang mit dem Staatsvertrag zur künftigen deutschen Einheit der
Deutsche Bundestag und die Volkskammer der DDR in gleichlautenden
Erklärungen die seit 1945 bestehende Grenze als polnische Westgrenze.
Der Krieg hat in Schlesien tiefe Spuren hinterlassen, neben
den mehr als 3 Millionen aus Schlesien gleich nach 1945
Vertrieben, haben bis 1990 viele weitere Schlesier das Land verlassen.
Nach dem Krieg haben noch ca. 1,6 Millionen Deutsche in Polen
gelebt. Heute dürften noch etwa 300.000-500.000 als deutsche
Minderheit in Polen verblieben sein. die meisten in den Gebieten bei
Kattowitz, Oppeln und Tschenstochau.
Schlesien ist zwischen den großen Machtblöcken der Welt als
Spielball der Politik geschunden worden, auch sein Volk!
Mittlerweile
wird in Polen auch die Frage der Vertreibung deutscher Staatsbürger
nach 1945 aus Schlesien diskutiert. Im Jahre 1995 wurde zum ersten mal
die an den Deutschen begangenen Grausamkeiten im Nachkriegspolen
thematisiert. Offen sprach man über körperliche Mißhandlungen und
Hinrichtungen, denen im Gefangenenlager Lamsdorf-Lambowice Tausende von
Zivilisten zum Opfer gefallen sind. Noch im gleichen Jahr wurde für sie
in Lamsdorf ein Gedenkstein errichtet.
Die
Oberschlesier waren mit dem Herzen nie ganz bei Deutschland und noch
weniger bei Polen. Man verstand Deutsch und Polnisch, sprach jedoch
einen Dialekt, der von beidem etwas hatte. Der Lokalpatriotismus der
Oberschlesier stand dem der Bayern kaum nach und gründete sich auf ihr
an Bodenschätzen reiches Land und auf die Tradition harter Arbeit in
der Landwirtschaft und unter Tage.
Eigene Grafik: Schlesien entspricht in etwa der
Größe der Schweiz
Deutsche Oberschlesier in der Wojewodschaft Oppeln und
Katowitz genießen heute das Recht, sich in gesellschaftlich-kulturellen
Vereinigungen zu organisieren. Sie können sich als Vertreter der
deutschen Minderheit in den polnischen Senat wählen lassen, ihr
Einfluss ist vor allem im Oppelner Raum groß. Plötzlich gab es sie
wieder, jene Deutschen, deren Existenz man in der offiziellen
Propaganda 40 Jahre lang geleugnet hat. Neue Ängste wurden in Polen
wach, als Funktionäre der Vertriebenenverbände durchs Oppelner Land
reisten und ihre „Europäisierungs“-Konzepte anpriesen.
Es ist zu erwarten, dass in der Europäischen Union
freies Niederlassungsrecht für alle Bürger gelten wird, weshalb schon
bald kapitalkräftige deutsche Bürger schlesischen Grund und Boden
werden kaufen können.
Die
Nachkriegsdekrete von 1945/46...
Fakten:
In den ersten Nachkriegsjahren sind - offiziellen polnischen
Angaben zufolge - ca. 3,5 Millionen Deutsche zwangsausgesiedelt ("vertrieben")
worden. Nach den Greueln der NS-Besatzungsherrschaft und dem
millionenfach erlittenen Verlust der eigenen Heimat erhob sich in der
damaligen polnischen Öffentlichkeit keine Stimme des Protests - weder
gegen das Prinzip der Zwangsaussiedlung noch gegen die Art ihrer
Durchführung. Im Bewusstsein der gerade noch Davongekommenen war das
Unrecht ein Recht des Opfers gegenüber dem vormaligen Täter. Heute,
nachdem in der polnischen Öffentlichkeit die Vertreibung der Polen aus
dem Osten ein Thema geworden ist, beschäftigt man sich intensiv auch
mit der Vertreibung der Deutschen, einem Vorgang, der nicht nur
faktisch als Konsequenz der Zerstörung Europas durch den
Nationalsozialismus, sondern immer öfter auch in moralischen Kategorien
als ein Unrecht begriffen wird, das unzählige
Leiden Unschuldiger nach sich gezogen hat.
Quelle:
Zeitschrift „Die Oder“ Heft 2/96, Hrsg.: LpB
Den Deutschen in Polen wurde nach 1945 kein
Minderheitenstatus verliehen, da sie nach den damaligen Plänen alle
ausgesiedelt werden sollten. Während der deutsche Exodus den
polnischen Behörden bis zum Ende der 40er Jahre nie schnell genug sein
konnte, waren sie später sogar bereit, alle noch verbliebenen Deutschen
aufzuhalten und Ihnen sogar Rechte im Rahmen der kommunistischen
Gesellschaft zugestehen. So wurden die Deutschen per Rechtsakt 1951
hinsichtlich der Arbeits- und Lohnbedingungen den Polen gleichgestellt,
dasselbe Dokument garantierte ihnen auch die Möglichkeit, die eigene
Kultur zu pflegen.
Quelle: „Nationale Minderheiten im gegenwärtigen Polen“,
Prof. Zbigniew Kurcz vom Lehrstuhl für Soziologie an der Universität
Wroclaw-Breslau.
Immer noch nicht selbstverständlich:
Zentrale Forderung der Verbände der ca. 3,5 Millionen
zwangsausgesiedelten Deutschen aus Polen nach 1945, ist die Aufhebung
der polnischen Nachkriegs- dekrete von 1945/46, die
Grundlage der Vertreibung, Entrechtung und Enteignung der Deutschen
waren. Die auch heute noch gültigen Gesetze sollen vor einem EU
Beitritt Polens aufgehoben werden. Diese Gesetze verstoßen gegen das
Diskriminierungs- verbot von Volksgruppen gemäß Art. 14 der
europäischen Menschenrechtskonvention. Die Nachkriegsdekrete haben 12
Jahre nach der Wende in Europa immer noch Bestand in Polen...
Quelle:
Veröffentlichungen von Verbänden der zwangsausgesiedelten Deutschen aus
Polen
Bierut-Dekrete sind aufgehoben, Überraschung aus dem Sejm
Archiv...
Währende die Verbände immer die Aufhebung der
Nachkriegsdekrete forderten und auch der Kanzlerkandidat der Union noch
am 22. Juni 2002 in Leipzig dies eingefordert hat, stellte sich erst
kürzlich zufällig heraus, dass ausgerechnet die Kommunisten diese
Gesetze bereits längst aufgehoben haben. Im Ausland hat davon niemand
Nitiz genommen, weil Polen zeitweise vom Ausland politisch isoliert war.
Die
eigentliche Wendung in dieser Frage ist jedoch auf eine Initiative
Michael Ludewigs, des Korrespondenten der „Frankfurter Allgemeine"
(FAZ) in Warschau, zurückzuführen. Dieser hatte nämlich den angesehenen
Warschauer Zeithistoriker Wlodzimierz Borodziej gebeten, in der
öffentlich nicht zugänglichen Datenbank des polnischen Parlamentes nach
den Bierut-Dekreten zu forschen. Dabei machte Borodziej der FAZ zufolge
die überraschende Entdeckung, daß die polnisch-kommunistischen
Regierungen bereits vor den revolutionären Umwälzungen von 1989 die
wichtigsten Vertreibungsdekrete außer Kraft gesetzt hatten. Dies gilt
insbesondere für den „Ausschluß von Personen deutscher Nationalität aus
der polnischen Gesellschaft" und für die Übernahme damaligen deutschen
Vermögens durch den polnischen Staat sowie die Bestrafung von
polnischen Staatsbürgern, die während der Besatzungszeit die deutsche
Volksliste unterzeichnet hatten. Im Kern gehe es um das „Gesetz über
den Ausschluß feindlicher Elemente aus der polnischen Gesellschaft` vom
6. Mai 1945, um das „Dekret über die strafrechtliche Verantwortlichkeit
für die Verleugnung der polnischen Nationalität während der Kriegszeit
in den Jahren von 1939 bis 1945" vom 28. Juni 1946 sowie das „Gesetz
über das verlassene und aufgegebene Vermögen" vom 6. Mai 1945. Während
die ersten beiden Bestimmungen schon durch polnische Amnestie und
Staatsbürgerschaftsgesetze in den Jahren 1949 und 1951 aufgehoben
wurden, sei letzteres erst am 29. April 1985 mit der Beschließung des
„Gesetzes über Raumwirtschaft und die Enteignung von Grund und Boden"
außer Kraft getreten.
Quelle: OS
Rundbrief aus: http://www.republikasilesia.com/presse/rundbrief/texte/vertreib02.htm
Der Literaturnobelpreisträger Günter Grass hat in einem Zeitungsgespräch gefordert,
daß die geplante Bundeskulturstiftung auch das
kulturelle Erbe der verlorenen deutschen Ostgebiete mitbetreuen soll.
Der Danziger sagte: "Nachdem man im letzten Weltkrieg durch eigene
Schuld deutsche Provinzen verloren hat -so Ostpreußen, Schlesien oder
Hinterpommern -, musste man diesen Verlust zwar akzeptieren, aber es
steht nirgendwo geschrieben, dass wir die kulturelle Substanz dieser
Regionen vernachlässigen oder gar den überforderten
Flüchtlingsverbänden überlassen sollen. Eine Bundeskulturstiftung
sollte auch dieses Erbe mitbetreuen." Dem Schriftsteller zufolge ist
die Kulturnation für die Deutschen "auch jetzt noch die richtige
Klammer".
Interessantes
Buch:
Schlesien – Deutsche und polnische Kulturtraditionen in einer
europäischen Grenzregion, ISBN 3-7701-4418-X
Informationen zur politischen Bildung 273, Ausgabe "Polen"
4.Quartal 2001, herausgegeben von der Bundeszentrale für politische
Bildung http://www.bpb.de
Bruno Peter Hennek
Ausgabedatum:
19.03.2001, 09.02.2023 (c) Bruno Peter Hennek
Dieser
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Peter Hennek.
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