Gleich
nach dem wir am 20. August 2005
in Alt-Schalkendorf
(Stare
Siolkowice)
eingetroffen sind, hat man uns von dem schrecklichen
Ereignis erzählt, welches sich
in der Nacht vom 19. auf den 20. August
2005
in
Czarnowanz (Czarnow±sy)
zugetragen hat: die
Schrotholzkirche St. Anna ist abgebrannt!
Dieses traurige Ereignis regte mich an ein wenig über die
Holzkirchen meiner Kindheit auf der Strecke zwischen Poppelau und Czarnowanz
hier zu berichten.
Aus
dem Vorwort nach /1/:
Leider
hat das 20. Jahrhundert viel daran gesetzt, all das, was einen Hauch
von Volkstümlichkeit hatte, aus den Kirchen zu entfernen und gegen
wertlose, oft serienmäßig hergestellte Gegenstände zu ersetzen. Aus
diesen Gründen wurden auch die Wand- und Deckenmalereien zerstört. Die
erhaltenen Reste zeugen davon, dass es Werke von hohem
Dekorationswert und einmaliger Farbenpracht waren. |
Oppelner
Land mit seinen Holzkirchen
auf einer Flächen-Ausdehnung von ca. 100 x 70 km stehen heute noch 66 erwähnenswerte
Holzkirchen.
Nachfolgend
werden von mir drei von vielen Holzkirchen kurz vorgestellt, die wir bei unseren
"Schlesischen-Reisen" besucht haben. Poppelau
(heute Popielów)
Die
Friedhofskirche St. Andreas findet man in Poppelau, in unmittelbarer Nachbarschaft von meinem
geliebten Alt-Schalkendorf... Ursprünglich
diente diese Holzkirche aus dem Jahre 1654 als Pfarrkirche, bis 1889 an dieser
Stelle eine gemauerte Kirche im neugotischen Still erbaut worden ist. Die
Holzkirche ist dann auf den Friedhof versetzt worden. Im Inneren sind noch
Spuren von Freskenmalereien, in zwei Fenstern Schmiedegitter zu sehen. Die
Kirche wird von einem barocken Holzaltar aus der Mitte des 17. Jahrhunderts
geschmückt. Ebenfalls ist eine barocke Kanzel aus dem 17. Jahrhundert
vorhanden sowie verschiedene Skulpturen und Gemälde. Bild:
Ks. Zbigniew Zalewski, Opole/Oppeln
Bild:
Ks.Zbigniew Zalewski, Opole/Oppeln
Bild:
Erzbischof Alfond Nosol der Diözese Opole/Oppeln, Aufnahme
Ks.Zbigniew
Zalewski, Opole/Oppeln Die
heutige Friedhofskirche St. Andreas ist zwar wenig bekannt, jedoch ein Kleinod in
Poppelau. Vor einigen Jahren hat die Kirchengemeinde eine Grundrenovierung
durchgeführt. Groß
Döbern (heute Dobrzeñ Wielki)
Die
Holzkirche St.
Rochus begleitet mich nun schon sehr viele Jahre. Meine Großeltern haben
mich immer zum großartigen Rochus-Fest Mitte August mitgenommen in meiner
Kindheit und später war ich praktisch jeden Schultag nebenan im Gymnasium Groß
Döbern, welches unmittelbar an diese Kirche angrenzt. Der
Hl. Rochus gilt als Schutzpatron von an Pest und Cholera oder anderen
Infektionskrankheiten Erkrankten.
Immerhin
muss man eine Strecke von etwa 10km von Alt-Schalkendorf aus zurücklegen um zum
Rochus-Fest zu kommen. Früher sind wir mit Pferdefuhrwerken dort hingefahren.
Auf den Leiterwagen sind der Länge nach Holzbänke aufgebaut worden auf denen
unsere Nachbarn und wir Platz genommen haben. Auf dem Platz vor der Kirche sind
viele sakralen Andenkenläden, Stände mit Spielsachen und Süßigkeiten
aufgebaut worden und natürlich war auch ein Rummelplatz mit Schiffsschaukeln,
Karussell und Schießbuden vorhanden. Zuerst ging es aber zur Messe, wobei man
wegen der vielen Leute gar nicht in die St. Rochus Kirche reingekommen ist. Wir
standen bzw. knieten zwischen den Gräbern oder saßen sogar auf den steinernen
Einfassungen der Gräber. Die Messe mit Beichtgelegenheit im Freien, einer
Prozession um die Kirche herum und viel Gesang sowie einer sehr langen Predigt
dauerte für mich als Kind immer viel zu lange. Nach der Messe dann: endlich zum
bunten Jahrmarkt und zum Rummelplatz. All zuviel Zeit hatten wir da allerdings
nicht für das "Vergnügen", denn schon mussten wir zu guten Bekannten
zu einem mehrgängigem Festmahl, welches bis in die späten Nachmittagsstunden
bei Kaffee und Kuchen andauerte. Gegen Abend sind dann wieder die Fuhrwerke
bestiegen worden um nach Alt-Schalkendorf zurückzufahren. Unsere Gastgeber in
Groß Döbern sind natürlich im Gegenzug zum Schalkendorfer Ablass eingeladen
worden. Dieses sich so jährlich wiederholende traditionelle Procedere ist tief
in mir haften geblieben, weil es so wunderbar schön war. Bild:
St. Rochus 1973, B.P.Hennek Bild:
St. Rochus 2005, B.P.Hennek Bild:
St. Rochus 2005, B.P.Hennek Bild:
St. Rochus 2005, B.P.Hennek Bild:
Beichte anlässlich des Rochus-Festes 2005, B.P.Hennek Mehrfach
waren wir schon auch in heutiger Zeit zum Rochus-Fest in Groß Döbern, zuletzt
am 21. August 2005. Wir sind damals mit dem Fahrrad von Alt-Schalkendorf aus
nach Döbern gekommen. Auch diesmal war es für uns wieder ein unvergessliches
Erlebnis. Nun
aber noch etwas zu St.Rochus:
„In
der letzten Phase des 30 jährigen Krieges, welche auch die grausamste
war, wüteten die Schweden in der Oppelner Gegend. Ihren Ausgangspunkt
hatten sie im Wald bei Carlsruhe (Pokoj). Diese Befestigungen waren bis
1945 als Schwedenschanze ausgeschildert. Von den Schulen oft besucht, die
auch zum Geschichtsunterricht gehörten. Leider sind diese Unterstände
nach 1945 verfallen und in Vergessenheit geraten. Die Schwedenhorden zogen
raubend und brennend durchs Land. Die Bewohner flüchteten mit ihrer
letzten Habe in den Wald, um dem Tode zu entrinnen. Zu diesem Elend ist um
das Jahr 1640 auch noch die Pest in Döbern ausgebrochen. Aus Angst vor
Verbreitung der Seuche wurden die Leichen weit im Wald auf einem Hügel
beerdigt. In dieser Not und Bedrängnis wendeten sich die tiefgläubigen Döberner
zu Gott und dem Fürsprecher und Schutzpatron St. Rochus mit der Bitte, er
möge diese Geißel abwenden. Gemeinsam mit dem Dorfpfarrer versprachen
sie ein Gelübte: zu Ehren des Schutzpatrons St. Rochus eine Kirche zu
bauen und alljährlich am 16. August eine Bitt- und Dankprozession
abzuhalten.
Historische
Daten zum Bau der St. Rochuskirche
Nachstehende
Daten sind entnommen aus dem bischöflichem Archivum, sowie aus den
Jahresbüchern des Klosters Czarnowans (Klosterbrück) welche der damalige
Abt Huffnagel führte. - 1652 ist der Bau der St. Rochuskirche erstmals
schriftlich erwähnt. - 1657 wurde die staatliche sowie die kirchliche
Genehmigung (Jurisdykcion) zum Bau der Schrotholzkirche dem Ortspfarrer
Andreas Anthofer erteilt.
Aus
diesem Anlass, unter großer Beteiligung der Gläubigen, wurde die erste
Andacht gehalten. Dieses Grundstück sowie der Wald mit dem sogenannten
Pesthügel war kaiserliches Eigentum (in fundo Caesaro). Darum musste der
Staat auch das Patronat über die Kirche übernehmen. Mit der Erteilung
der Baugenehmigung gab die Verwaltungskammer Oppeln auch das Bauholz für
die St. Rochuskirche. – Unabhängig davon schreibt Abt Huffnagel im
Jahrbuch des Klosters: Pater Andreas Anthofer erbaute im Jahre 1658 die
St. Rochuskirche in Groß Döbern.
Im
Laufe der Zeit sind auch andere Jahreszahlen vom Bau der Rochuskirche
aufgetaucht, die aber nicht belegbar sind. Auch im Volksmund sind Sagen
und Erzählungen aufgekommen, reine Geschichten, für die kein Beweis
vorliegt. Mit großem Eifer gingen die Döberner ans Werk. Zuerst wurden
große Feldsteine (auch Findlinge) auf die Erde gelegt, die als Unterlagen
für die Baumstämme dienten. Ein Fundament wurde nicht ausgehoben, um
nicht eventuell auf die Gebeine der Pestkranken zu stoßen, die dort
ruhten. Nun stand das Kirchlein auf dem Hügel. Die leidgeprüften
Menschen kamen in großen Bittprozessionen zum Patron St. Rochus. Hier
betend, erhofften sie Hilfe, Schutz und Abwendung weiterer Seuchen zu
erlangen.
Aus
dem Umkreis von ca. 30 km pilgerten die Gläubigen zum Schutzpatron St.
Rochus. Zusätzlich kamen aus vielen Orten Votivprozessionen an bestimmten
Tagen.
Bald
erwies sich das Kirchlein als zu klein, es konnte die Pilgerscharen nicht
mehr aufnehmen. Es musste was geschehen, um die Kirche zu vergrößern.
Hier ist der Ausbau der überdachten Außengänge gemeint, dadurch wurde
der Raum vergrößert und die Wände vor der Verwitterung geschützt.
entsprochen worden. - Ein entsprechendes Schriftstück wurde um 1930 in
den staatlichen Archiven von Breslau gefunden. Mit nachstehendem Inhalt
und Datum vom 14. 9. 1693. Das Bauholz für die Holzkirche in Groß Döbern
ist bewilligt. Der Förster Karl Schlichting von Popelau ist beauftragt,
das dementsprechende Holz auszusuchen. - Zahlen und Jahrgänge sind auf
dem Papier geschrieben. Jedoch, wir gebürtige Döberner, sind mit St.
Rochus zusammengewachsen und durch die Jahrhunderte unzertrennlich
geworden. Der Name Rochus ist ein Stück von uns jedem.
Wenn
wir über den Sinn des Treffens gefragt werden , gibt es nur eine Antwort:
-
Wir
fahren zum Rochus!“
Quelle:
Schlesische
Nachrichten 1/2003
|
Czarnowanz
(heute Czarnow±sy)
Czarnowanz
wird heute von Groß Döbern aus verwaltet. Die älteste
Ortschaft ist vermutlich auch
Groß Döbern,
aber seit dem 13. Jahrhundert hat Czarnowanz
die größte
Bedeutung: Von hier strahlte das Norbertinerkloster in die ganze Gegend aus und
setzte die religiösen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akzente. Die
erste Quelle – ein Dokument, das die Verlegung der Prämonstratenserinnen aus Rybnik
nach Czarnowanz betrifft – ist auf das Jahr 1228 datiert. Sehr sehenswert
ist das in Barock erbaute Norbertinerkloster welches vom Oppelner Herzog Kazimir I. im Jahre
1228 gestiftet und erbaut wurde und wo er auch begraben ist. Dem Kloster
schenkte Kazimir damals ferner 23 Ortschaften aus dem Herzogtum Oppeln.
Unser Hauptaugenmerk in
Czarnowanz gilt aber der Holzkirche St.
Anna, welche in den Jahren 1684-1688 erbaut worden ist. Bild:
Dr. Rajnhardt Kokot, Wroclaw/Breslau Bild:
ADAN /1/ Gleich
nach dem wir am 20. August 2005 in Alt-Schalkendorf eingetroffen sind, hat man
uns von dem schrecklichen Ereignis erzählt, welches sich in der Nacht vom 19.
auf den 20. August in Czarnowanz zugetragen hat. Um 22:30 ist die Feuerwehr darüber
informiert worden, dass die Schrotholzkirche St. Anna brennen würde. Um 22:50
war die Feuerwehr dann zur Stelle, die Kirche brannte aber bereits lichterloh. Etwa
102 Feuerwehrleute waren vor Ort, die versucht haben mit 18.000 Liter Wasser die
Kirche zu retten berichtete NTO (NOWA TRYBUNA OPOLSKA) im Beitrag "Swieta
Anulka tym razem nie przetrwala". Monika Niedworok berichtete der Zeitung,
dass schon zweimal jemand dort ein Feuer versuchte zu legen. Zuletzt im letzten
Winter nach den Feiertagen. Diesmal ist die Kirche vollständig zerstört
worden. Pfarres Pieronczyk konnte nur noch wenige stark durch das Feuer
angegriffene Gegenstände am Tag darauf mit Helfern aus der Asche holen und
registrieren. Wir
sind auf der Heimreise am 22. August noch extra noch nach Czarnowanz gefahren um
uns die Reste der Schrotholzkirche uns anzusehen. Das Feuer hat ganze Arbeit
geleistet, die Bäume und Gräber um die Kirche herum sind angesengt, die gußeisernen
Kreuze durch die Hitze verbogen und verzogen. An einigen Stellen haben Anwohner
Blumen hinterlegt und Gedenklichter aufgestellt. Bild:
BPHennek, 22.08.2005 Die
Kirchen- und Gemeindemitglieder haben beschlossen die Kirche wieder aufzubauen,
diesmal aber als ein gemauertes Gebäude. Bild:
Modell der
neu zu errichtenden Kirche Schon
Ende 2006 konnte der Rohbau der neuen St. Anna eingedeckt werden... Sehr
empfehlenswert ist die Anschaffung des Bildbandes /1/ "Die Oppelner
Holzkirchen" zur weiteren Vertiefung und vielleicht auch zur Vorbereitung
einer Themenreise durch das Oppelner Land um die Holzkirchen real zu erleben. Bild:
Weihnachtskarte 2006 von Freunden in Schlesien, mundgemalt...
Quellen:
/1/
"Die
Oppelner Holzkirchen", ADAN-Verlag,
ISBN 83-915371-9-6 (erworben 2006 in Brieg)
/2/
"Drewniane
budownictwo sakralne województwa opolskiego"
Ausgabedatum: Dezember 2006, Bruno Peter
Hennek
Dieser
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Anfragen
bitte an den Verfasser:
Bruno
Peter Hennek.
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