Originalia
Umwelterkrankung
und Ernährung
Ein
einschneidendes Ereignis veränderte grundlegend unser Leben vor 10 Jahren
. Meine Familie und ich wurden durch die Anwendung des Holzschutzmittels
Xyladecor beim Hausbau 1976 zum Teil schwer krank. Eine gründliche
Haussanierung – Entfernung aller Holzdecken und kontaminierten
Gegenstände konnten die Gesundheitsstörungen lindern. Mein
Umweltmediziner riet immer wieder zu einer Ernährung aus kontrolliert
biologischem Anbau.
Diesen
Rat nahm ich nicht sofort
ernst.
Bedingt
durch meine Berufsausbildung,
legte ich zwar schon immer wert auf eine gesunde Ernährung. In den 60er
und 70er Jahren wusste man
noch nichts von kbA, Pestizide in der Nahrung kannte man nicht,
bzw. sie wurden nicht ernst genommen oder als unvermeidlich hingenommen.
Ich lernte von meiner Mutter
noch richtig zu kochen, dafür wurde viel
Zeit aufgewandt. Fertiggerichte kamen nicht auf den Tisch.
Ende
der 80er Jahre standen in meiner Küche eine Getreidemühle und viele
Vollwertkochbücher, aber auch ein Mikrowellengerät. Die allmählich
immer mehr werdenden Lebensmittelskandale führten dazu, dass ich
Nahrungsmittel, wie Brot, Nudel und sogar Wurst oft selbst
herstellte.
Alle
Zutaten bezog ich damals noch aus dem Supermarkt. Es gab wenig Bioläden
und ökologisch arbeitende Bauern. Außerdem war ich zu diesem Zeitpunkt
noch nicht bereit, für Lebensmittel mehr zu zahlen.
Erst
Anfang 1990 (die Sanierung unseres Hauses war abgeschlossen) als mir
ein sehr unangenehmer Geruch in der Obst und Gemüseabteilung des
Supermarktes auffiel. Zwischen den Reihen mit Wasch- Putz- und
Kosmetikartikeln überfiel mich Schwindel, beim Anblick der übervollen
Fleisch- und Wursttheke wurde mir schlecht, selbst der Lärm, die vielen
Menschen und das Warten an der Kasse wurden immer unangenehmer für mich.
Da
ich aber der Meinung bin, dass Einkaufen Spaß machen soll,
sah ich mich nach Alternativen um. Durch einen Zeitungsartikel über
einen Biolandhof, wagte ich den Sprung aufs Land in die Hofläden der
Biobauern. Das Angebot war zu diesem Zeitpunkt nicht sehr reichhaltig:
Kartoffel, Getreide, Nudel, Eier....die Läden waren klein und wenig
ansprechend, was sich im
Laufe der Jahre änderte. Aber die heimischen Kartoffel des
Demeterlandwirtes schmeckten viel besser als die holländischen Knollen.
Zu
dieser Zeit hörte ich von einer Allergie- und Umweltklink in Inzell. Ich
bat meinen Arzt um eine Überweisung, da ich mit meinem Gesundheitszustand
immer noch nicht zufrieden war. In der Klinik wurde zu 100% mit
Erzeugnissen aus kbA gekocht. Die Patienten wurden in einer klinikeigenen
Küche geschult über ökologischen Landbau, Vollwertkost und Rotationsernährung.
Umfangreiche Tests brachten
jede Menge Unverträglichkeiten auf Nahrungsmittel an den Tag, von denen
ich bisher keine Ahnung hatte, die aber meine Beschwerden wie z. B.
Kopfschmerzen oder Müdigkeit verursachten. Alleine durch Weglassen
bestimmter Getreidearten und Milchprodukte und eine Rotationsernährung
(bestimmte Lebensmittelfamilien werden nur jeden 4. Tag gegessen) konnte
das Immunsystem gestärkt werden, ich fühlte mich leistungsfähiger.
Zuhause, nach den Klinikaufenthalt ging ich, Zitat meines Arztes,
„einmal mit dem Arm durch den Kühlschrank“, aber auch durch
den Vorratsschrank, und Dr.Oetker und Co, weißer Zucker und Weißmehl
samt Mikrowelle gab es nicht mehr.
Von
unseren alten Büchern mussten wir uns wegen der starken PCP- und
Lindanbelastung trennen. Neue Bücher über chemische Belastung in Umwelt
und Ernährung füllten bald die Regale.
Im
Laufe der Zeit spürten wir auch den Unterschied zwischen einer
vollwertigen Ernährung aus kontrolliert biologischem Anbau und
konventioneller Ernährung. Es traten immer häufiger Beschwerden nach dem
Genuss von Supermarktnahrung auf z. B. erhöhter Puls, Kopfschmerzen,
Gesichtsrötung, Übelkeit aber auch heftige Stimmungsschwankungen. Die
Lebensmittel vom Biolandbauern konnten wir ohne Reue genießen. Auch benötigen wir keine E-Nummernliste, Biolebensmittel sind
frei von Zusatzstoffen.
Es
galt aus der Umwelterkrankung MCS zu lernen.
Der
Bioeinkauf wurde
in Laufe der Jahre einfacher: immer mehr Landwirte stellten ihren
Betrieb um und wirtschafteten nach den Richtlinien von Bioland-, Demeter-
oder Naturlandverbänden. In der Stadt entstanden einige Naturkostläden,
sogar ein Bio-Supermarkt. Seit ca. 3 Jahren beliefert uns ein Demetergärtner
jede Woche mit einer gut sortierten Obst und Gemüsekiste, auf die wir
nicht mehr verzichten möchten. Viele Bioläden bieten einen Lieferservice
an. Ein rauchfreies Restaurant mit vollwertigen Gerichten in der Nähe von
Würzburg ist entstanden, so dass auch Ausgehen wieder Spaß macht. Ernährung
aus kontrolliert biologischen Anbau hilft den Schadstoffpegel zu senken
und ist eine schelle, machbare und erfolgreiche Maßnahe
in der Behandlung einer Umwelterkrankung. Allen die das möglich
machten gilt unser Dank.
Sicher
verlangt der Demeterlandwirt mehr als der Discounter. Aber
kurzer Blick über den Tellerrand zeigt, der Biolandwirt schont mit
seiner Anbauweise die Natur, aber auch unserer Gesundheit. Das sollte doch
ein paar Mark mehr wert sein. Da ich auch
häufig beim Aufenthalt in der Natur durch die Chemieeinsätze der
konventionellen Landwirte und Winzer gesundheitliche Probleme bekam,
kommen auf diese Art und Weise hergestellten Lebensmittel nicht mehr auf
den Tisch. Immer mehr wurde
uns bewusst, Umweltschutz fängt im Kleinen an, im Einkaufskorb jedes
einzelnen. Wenn jeder vor seiner eigenen Türe kehrt ist überall gekehrt.
Wir
verzehren weniger Fleisch- und Wurstwaren, vollwertige Ernährung, so
stellten wir fest, macht
langanhaltend satt, Genussmittel sind selten geworden. Unser gesamtes
Konsumverhalten nicht nur was Ernährung
betrifft, hat sich geändert
zu: weniger ist mehr!
Zum
Schluss ein Zitat eines Biolandbauern: „Wir sind verhaftet in der
Welt und können sie auf Dauer nur retten, wenn wir uns in ihre Abläufe
eingliedern“.
Würzburg,
22.08.2000
Maria
Helene Hennek
Anmerkung:
Dieser Beitrag ist auch in der Zeitschrift für Umweltmedizin
Ausgabe 6/2000 auf Seite 376 erschienen.
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