Gekürzter
Auszug aus ÖKO-TEST Juli 2001
Wohnmobile
sind Handwerksarbeit. Anders als die Automobilhersteller kommen die
Wohnmobilbauer nicht aus der Werkzeug- oder Motorentechnik, sondern aus
dem Wohnwagen-Bau. Eigentlich sind sie Möbelhersteller auf hohem mobilen
Niveau. Die mittelständischen Betriebe kaufen die Autobestandteile - also
Fahrwerk und Motor - bei prominenten Pkw-Herstellern wie VW, Mercedes,
Fiat oder Peugeot. Auf diese Chassis hoch technisierter Automobilbaukunst
setzen die Wohnmobil-Bauer dann ihre fahrbaren Küchen, Schlafzimmer und Bäder.
Doch während
es sich ein Autohersteller heute kaum noch leisten kann, den Einsatz
umweltfreundlicher Materialien zu ignorieren und auch schon viele Möbelproduzenten
Formaldehyd als Problem erkannt haben, arbeiten die meisten Hersteller
der fahrbaren Heime noch auf Baumarkt-Niveau. Fabrikneue und teure
Wohnmobile enthalten inzwischen zwar durchdachte Schränke und pfiffigste
Lösungen zur Unterbringung von Dusche, Bettwäsche und Kindern. Das Ganze
aber aus emissionsfreien Spanplatten und Textilien oder weniger
umweltbelastenden Kunststoffen zu bauen - darauf sind viele Hersteller
noch nicht gekommen. Allenfalls Interventionen des ADAC in Sachen
Sicherheit haben größere Veränderungen bewirkt, zum Beispiel bei
Sicherheitsgurten oder auch unfallsicheren Materialien und Bauweisen.
Wir haben vier Wohnmobile der am häufigsten gekauften Alkoven-Bauart
untersucht, alle auf gleicher Auto-Basis und in der beliebtesten
Gewichtsklasse bis 3,5 Tonnen: Hymercamp Swing 524, Bürstner A 530/2,
Knaus Sport Traveller 604, Eura-Mobil Sport 665 HB.
Das
sind die Testergebnisse
>Hauptproblem der Wohnmobile sind
gesundheitsschädliche Stoffe im Innenraum. Gemessen haben wir
sämtliche flüchtigen organischen Substanzen (TVOC), also alles, was in
den Innenraum ausgasen kann. Das Bundesgesundheitsblatt empfiehlt:
"Ein Aufenthalt in Räumen mit TVOC-Konzentrationen zwischen
1000 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (µg/Kubikmeter) und 2500 µg/Kubikmeter
ist allenfalls vorübergehend zumutbar." Danach würde ein Urlaub in
zwei unserer Testkandidaten wohl weniger empfehlenswert sein.
>Der
Knaus Sport Traveller 604 war Negativ-Spitzenreiter mit 1707
µg/Kubikmeter TVOC. Das der im Qualitäts-High-End-Bereich
agierende Knaus mit solchen Mengen an gesundheitsschädlichen flüchtigen
organischen Substanzen aufwartet, ist auch nicht damit zu entschuldigen,
dass es sich um ein fabrikneues Fahrzeug handelte und sich die Werte nach
einigen Wochen geringfügig reduzieren. Auch das Eura-Mobil Sport 665
HB, das schon im November 2000 zugelassen war und damit Zeit zum Ausdünsten
hatte, brachte es noch auf gefährliche 1602 µg/Kubikmeter.
Das ebenfalls ein Jahr alte Hymercamp Swing 524 blieb hingegen mit 956
µg/Kubikmeter unterhalb des Grenzwerts. Dass neu zugelassene
Fahrzeuge gute Raumluft bieten können, zeigte das Bürstner A 530/2:
Es blieb mit 744 µg/Kubikmeter deutlich unter unserer
Abwertungsgrenze von 1200 µg/Kubikmeter.
>Auch
beim allergieauslösenden und Krebs erregenden Formaldehyd gaben
die von uns untersuchten Wohnmobile keine gesunde Figur ab. Formaldehyd
ist ab etwa 0,3 Parts per Million (ppm) wegen seines stechenden Geruchs
deutlich wahrnehmbar. Es reizt die oberen Atemwege schon ab 0,1 ppm. In höheren
Dosen besteht die Gefahr von Lungenödemen. Wegen der großen
individuellen Unterschiede in der Empfindlichkeit gegenüber Formaldehyd
sind aber schon bei niedrigeren Dosierungen Kopfschmerzen, Übelkeit und
Tränenfluss nicht auszuschließen. Allergische Reaktionen sind schon bei
geringsten Spuren möglich. Die Liste der Maximalen
Arbeitsplatzkonzentrationen der Senatskommission zur Prüfung
gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe legt einen Grenzwert von 0,3 ppm in
Innenräumen fest. Der Blaue Engel toleriert für Spanplatten sogar nur
0,05 ppm und für Holzmöbel 0,1 ppm.
>Auch
beim Formaldehyd lag der brandneue Knaus Sport Traveller mit 0,25
ppm weit vorn und um das 2,5 fache über unserer Abwertungsgrenze von
0,1 ppm. Der ein Jahr alte Hymercamp Swing 524 brachte es trotzdem
noch auf 0,19 ppm. Das Eura-Mobil kam auf 0,14 ppm
und der Bürstner lag mit 0,12 ppm auch noch knapp über
unserem Grenzwert.
Beispielhaft
haben wir den Anstieg der Kohlendioxid-Konzentration (CO2)
gemessen. Dazu hielten sich vier Personen vier Stunden lang im Mobilheim
auf. Dreimal wurde kurz Stoß-gelüftet. Die ganze Zeit war ein Fenster
teilweise und die Lüftung komplett geöffnet. Dennoch erreichten die
CO2-Werte schnell eine Höhe, die zu einem Plastiktüten-Klima führte.
Der DIN-Wert für Räume liegt bei 1500 ppm CO2, der hygienische Richtwert
bei 1000 ppm. Bereits nach wenigen Minuten erreichten die Werte im Test
mehr als 3000 ppm - und blieben so hoch, trotz des beschriebenen Lüftungsverhaltens.
Die Folge: Müdigkeit und Kopfschmerzen. Diese schlechte Raumluft wird
durch die glatten Kunststoffoberflächen bewirkt.
>Für
alle Kandidaten gilt: Sie sind zu laut. Auch die 76 dB(A) des Knaus
Sport Traveller sind im Vergleich zum Pkw ein zu hoher Wert. Der Blaue
Engel erlaubt mit 72 dB(A) gerade mal halb so laute Fahrzeuge. Allerdings
haben die Wohnmobilhersteller keinen direkten Einfluss auf die Entwicklung
der Motoren und Fahrgestelle. Gefragt und gefordert sind da die Auto- und
Reifenindustrie.
Quelle:
ÖKO-TEST
Juli 2001 |