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Gesunde Luft im Wohnmobil ...

 
Gesunde Luft ist Medizin

Verantwortungsbewusste Aufklärung soll keine Hysterie schüren, sie kann aber auch nicht untätig bleiben. Schon gar nicht, wenn die heute von Umweltchemikalien hervorgerufenen Schäden erst in vielen Jahren erkennbar werden. Ob Lindan, PCP, Asbest, Diethylstilböstrol oder Thalidomid (Contergan): zu lange hatten Wissenschaft und Politik gewartet, bis Ursachen-Wirkungsbeziehungen einwandfrei und reproduzierbar erforscht waren – zum Leid der Betroffenen und deren Angehörigen.

Umweltmedizin hilft, vorbeugen müssen aber Sie!


Gekürzter Auszug aus ÖKO-TEST Juli 2001

Wohnmobile sind Handwerksarbeit. Anders als die Automobilhersteller kommen die Wohnmobilbauer nicht aus der Werkzeug- oder Motorentechnik, sondern aus dem Wohnwagen-Bau. Eigentlich sind sie Möbelhersteller auf hohem mobilen Niveau. Die mittelständischen Betriebe kaufen die Autobestandteile - also Fahrwerk und Motor - bei prominenten Pkw-Herstellern wie VW, Mercedes, Fiat oder Peugeot. Auf diese Chassis hoch technisierter Automobilbaukunst setzen die Wohnmobil-Bauer dann ihre fahrbaren Küchen, Schlafzimmer und Bäder.

Doch während es sich ein Autohersteller heute kaum noch leisten kann, den Einsatz umweltfreundlicher Materialien zu ignorieren und auch schon viele Möbelproduzenten Formaldehyd als Problem erkannt haben, arbeiten die meisten Hersteller der fahrbaren Heime noch auf Baumarkt-Niveau. Fabrikneue und teure Wohnmobile enthalten inzwischen zwar durchdachte Schränke und pfiffigste Lösungen zur Unterbringung von Dusche, Bettwäsche und Kindern. Das Ganze aber aus emissionsfreien Spanplatten und Textilien oder weniger umweltbelastenden Kunststoffen zu bauen - darauf sind viele Hersteller noch nicht gekommen. Allenfalls Interventionen des ADAC in Sachen Sicherheit haben größere Veränderungen bewirkt, zum Beispiel bei Sicherheitsgurten oder auch unfallsicheren Materialien und Bauweisen.
Wir haben vier Wohnmobile der am häufigsten gekauften Alkoven-Bauart untersucht, alle auf gleicher Auto-Basis und in der beliebtesten Gewichtsklasse bis 3,5 Tonnen: Hymercamp Swing 524, Bürstner A 530/2, Knaus Sport Traveller 604, Eura-Mobil Sport 665 HB.

Das sind die Testergebnisse

>Hauptproblem der Wohnmobile sind gesundheitsschädliche Stoffe im Innenraum. Gemessen haben wir sämtliche flüchtigen organischen Substanzen (TVOC), also alles, was in den Innenraum ausgasen kann. Das Bundesgesundheitsblatt empfiehlt: "Ein Aufenthalt in Räumen mit TVOC-Konzentrationen zwischen 1000 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (µg/Kubikmeter) und 2500 µg/Kubikmeter ist allenfalls vorübergehend zumutbar." Danach würde ein Urlaub in zwei unserer Testkandidaten wohl weniger empfehlenswert sein.

>Der Knaus Sport Traveller 604 war Negativ-Spitzenreiter mit 1707 µg/Kubikmeter TVOC. Das der im Qualitäts-High-End-Bereich agierende Knaus mit solchen Mengen an gesundheitsschädlichen flüchtigen organischen Substanzen aufwartet, ist auch nicht damit zu entschuldigen, dass es sich um ein fabrikneues Fahrzeug handelte und sich die Werte nach einigen Wochen geringfügig reduzieren. Auch das Eura-Mobil Sport 665 HB, das schon im November 2000 zugelassen war und damit Zeit zum Ausdünsten hatte, brachte es noch auf gefährliche 1602 µg/Kubikmeter. Das ebenfalls ein Jahr alte Hymercamp Swing 524 blieb hingegen mit 956 µg/Kubikmeter unterhalb des Grenzwerts. Dass neu zugelassene Fahrzeuge gute Raumluft bieten können, zeigte das Bürstner A 530/2: Es blieb mit 744 µg/Kubikmeter deutlich unter unserer Abwertungsgrenze von 1200 µg/Kubikmeter.

>Auch beim allergieauslösenden und Krebs erregenden Formaldehyd gaben die von uns untersuchten Wohnmobile keine gesunde Figur ab. Formaldehyd ist ab etwa 0,3 Parts per Million (ppm) wegen seines stechenden Geruchs deutlich wahrnehmbar. Es reizt die oberen Atemwege schon ab 0,1 ppm. In höheren Dosen besteht die Gefahr von Lungenödemen. Wegen der großen individuellen Unterschiede in der Empfindlichkeit gegenüber Formaldehyd sind aber schon bei niedrigeren Dosierungen Kopfschmerzen, Übelkeit und Tränenfluss nicht auszuschließen. Allergische Reaktionen sind schon bei geringsten Spuren möglich. Die Liste der Maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe legt einen Grenzwert von 0,3 ppm in Innenräumen fest. Der Blaue Engel toleriert für Spanplatten sogar nur 0,05 ppm und für Holzmöbel 0,1 ppm.

>Auch beim Formaldehyd lag der brandneue Knaus Sport Traveller mit 0,25 ppm weit vorn und um das 2,5 fache über unserer Abwertungsgrenze von 0,1 ppm. Der ein Jahr alte Hymercamp Swing 524 brachte es trotzdem noch auf 0,19 ppm. Das Eura-Mobil kam auf 0,14 ppm und der Bürstner lag mit 0,12 ppm auch noch knapp über unserem Grenzwert.

Beispielhaft haben wir den Anstieg der Kohlendioxid-Konzentration (CO2) gemessen. Dazu hielten sich vier Personen vier Stunden lang im Mobilheim auf. Dreimal wurde kurz Stoß-gelüftet. Die ganze Zeit war ein Fenster teilweise und die Lüftung komplett geöffnet. Dennoch erreichten die CO2-Werte schnell eine Höhe, die zu einem Plastiktüten-Klima führte. Der DIN-Wert für Räume liegt bei 1500 ppm CO2, der hygienische Richtwert bei 1000 ppm. Bereits nach wenigen Minuten erreichten die Werte im Test mehr als 3000 ppm - und blieben so hoch, trotz des beschriebenen Lüftungsverhaltens. Die Folge: Müdigkeit und Kopfschmerzen. Diese schlechte Raumluft wird durch die glatten Kunststoffoberflächen bewirkt.

>Für alle Kandidaten gilt: Sie sind zu laut. Auch die 76 dB(A) des Knaus Sport Traveller sind im Vergleich zum Pkw ein zu hoher Wert. Der Blaue Engel erlaubt mit 72 dB(A) gerade mal halb so laute Fahrzeuge. Allerdings haben die Wohnmobilhersteller keinen direkten Einfluss auf die Entwicklung der Motoren und Fahrgestelle. Gefragt und gefordert sind da die Auto- und Reifenindustrie.

Quelle: ÖKO-TEST Juli 2001

Interessenten für neue Wohnmobile raten wir eine Volldeklaration über die ausgelieferten Schadstoffe mit dem Wohnmobil von der Qualitätsstelle des Herstellers zu verlangen und auch ein Meßprotokoll über TVOC- sowie Formaldehyd-Ausgasungen der Werksliefrung bei Fahrzeugübergabe. Sind die Werte zu hoch, lehnen Sie die Übernahme ab..

Ein möglichst geringer Ausgasungswert für Schadstoffe ist ein Qualitätsmaßstab für das investierte Geld.

Sie müssen bitte beginnen unbequeme Fragen zu stellen!

01. August.2004
Würzburg, Maria und Bruno Hennek

Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt, seine Nutzung ist dem privaten Bereich vorbehalten. Ein Nachdruck oder die Übernahme in andere Datenbanken oder Medien ist ohne Erlaubnis nicht gestattet - diese wird aber in der Regel gern erteilt. 
Anfragen bitte an den Verfasser: Bruno Peter Hennek.

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